Masafer Yatta ist eine Region südlich von Hebron im von Israel seit 1967 besetzten Westjordanland. In den dortigen kleinen Dörfern leben seit Generationen Palästinenser – und leiden unter der Besatzungsmacht. Als die israelische Armee genau dort einen Truppenübungsplatz anlegt, beginnen Bulldozer sukzessive Häuser der Einheimischen zu zerstören, und jeder Wiederaufbau wird als illegal verhindert. Sogar ein für die Landwirtschaft lebenswichtiger Brunnen zugeschüttet, Übergriffe vermummter Schlägertrupps israelischer Siedler in der Westbank bleiben ungeahndet, ja werden sogar von der Armee unterstützt.
Der Dokumentarfilm des Journalisten und Aktivisten aus dem betroffenen Gebiet, Basel Adra, und dem israelischen Journalisten und Menschenrechtler Yuval Abraham ist schwer erträglich – oder besser: das mit oft wackeliger Handykamera festgehaltene himmelschreiende Unrecht ist es. Unmittelbar gezeigt wird die vom Obersten Gerichtshof Israel als legal erklärte Zerstörung von Existenzen bis hin zum Einsatz von Waffengewalt, das Niederwalzen einer Schule, eines Spielplatzes, eines Ziegenstalls und Taubenverschlags, willkürliche Festnahmen, die Aussichtslosigkeit der Versuche, sich Recht zu verschaffen – und das trotzige Festhalten der Palästinenser an ihrer Heimat, selbst wenn sie ihre Wohnstatt in primitive Höhlen verlegen müssen. Denn, wie sie sagen, sie haben „no other land“; wohin sollten sie gehen?
Sowas zu sehen, macht wütend und frustriert, und die Authentizität des Gezeigten betrifft und lässt fragen, wie solche Wunden, so geschürter Hass jemals heilen soll(en). Basel Adras Doku wurde 2025 mit einem Oscar ausgezeichnet, der Preis bei der Berlinale 2024 war begleitet von einer Antisemitismusdebatte, nachdem Yuval Abraham die „Apartheid“-Politik der Regierung Netanjahu kritisierte und danach in seinem Heimatland mit Morddrohungen konfrontiert war.
Und von einer US-Regierung, die solchem Treiben ein Ende setzen würde, sind wir ähnlich weit entfernt wie von der österreichischen Vermittlungspolitik eines Bruno Kreisky in den 1970er Jahren…
Altweibersommer (Pia Hierzegger, A 2025) ****, 3.4.25
Elli, Astrid und Isabella sind drei Frauen Ende 40, die früher in einer Wohngemeinschaft zusammenlebten und seit Jahren im Spätsommer miteinander urlauben. Diese Zeit meint der Titel „Altweibersommer“, für weiter reichende Assoziationen sind die Protagonistinnen zu jung. Und ihre Lebenssituation ist sehr unterschiedlich: Elli, gespielt von Regisseurin und Drehbuchautorin Hierzegger), hat krebskrank gerade eine Chemotherapie hinter sich und nagt an der überraschenden Schwangerschaft ihrer Tochter; Astrid (Ursula Strauss) ist eine überbeanspruchte „Helikopter-Gattin“; Isabella (Diana Amft) eine Kellnerin, die gerne Karriere als Schauspielerin gemacht hätte.
Der gemeinsame Campingurlaub am verregneten Erlaufsee wird zum Reinfall, es gibt Konflikte, Ärger mit einem xenophoben Macho und einen Todesfall. Der wiederum ist Anlass für einen Ortswechsel an den Lido von Venedig.
Hierzeggers sehr österreichische Tragikomödie punktet durch genaue Charakterzeichnung, amüsante Dialoge im Stile Josef Haders (der Partner der Regisseurin kommt in einer kleinen Nebenrolle vor) und durch originelle Wendungen der Handlung. Fazit: Hätte mir den Film nicht ausgesucht, die KiMi-Mehrheit hat entschieden. Und ich wurde nicht enttäuscht. Gute Unterhaltung, die noch besser ins Hauptabendprogramm von ORF1 passen wird.
Jochen Malmsheimer, Kabarett, 29.3.25, Stadtsaal Wien *****
Es gibt Kabarettisten, die drucken Wuchteln, als würden sie an der Bar neben einem stehen. Alex Kristan z.B., der das richtig gut macht. Oder Andreas Vitasek, Lukas Resetarits, Roland Düringer. Und dann gibt es Literaten unter den Kabarettisten, die wie der großartige Josef Hader in eine Kunstfigur schlüpfen. Der „literarischste“, den ich bisher erlebte, war der Bochumer Jochen Malmsheimer bei seiner Wien-Premiere im Stadtsaal. Ein Meister der geschliffenen Sprache, ein Formulierungsvirtuose, der seine fremd- und selbstentlarvenden Wortkaskaden in einem Tempo auf das Publikum loslässt, das höchste Konzentration erfordert. Was nahelegt, dass der schwergewichtige Humorist vorliest und dabei sitzt, auch erwartbare Reaktionen der Zuhörerschaft in seinem Text vorausnimmt. Dass Malmsheimer dabei gekonnt verschiedene Rollen und Stimmlagen einnimmt, muss auch für ihn anstrengend sein.
Sein aktuelles Programm betitelt er ironisch mit „Statt wesentlich die Welt bewegt, hab ich wohl nur das Meer gepflügt“. Er gibt seinem unscheinbaren Oeuvre eine Stimme, das unsichtbar für andere an seinem Spitalsbett sitzt, wo er nach einem E-Bike-Unfall traktiert wird. Köstlich, wie Malmsheimer sich als unfreiwillig Sporttreibenden mit viel zu schmalem Hartgummisitz zwischen den Arschbacken beschreibt, in einem Outfit, in dem er nie freiwillig vor die Türe treten würde. Aber es war ja ein Geschenk von der „Einzigsten“… Auch die Sprachlosigkeit heutiger jugendlicher Brünstigkeit („Willste fickn?“) bekommt ihr Fett ab, ebenso das Besserwisserische eines Helmut Schmidt, der steinalt wurde, weil er geraucht hat („Wo Rauch ist, ist auch Feuer“) oder der Textklau durch Künstliche Intelligenz („Wenn man Scheiße noch so lange rührt, kommt kein Marzipan raus“)
Danke, Henning K., für deine Einladung zu dieser marzipanesken, dürnbergerisch bereicherten Abendunterhaltung eines in Österreich zu Unrecht weitgehend Unbekannten!

Die traurige „lächelnde Schwester“
Vor 40 Jahren, am 29. März 1985, nahm sich Jeanine Deckers, bekannt als Sœur Sourire, unter tragischen Umständen das Leben. 1963 hatte ihr Chanson „Dominique“ den Nerv der Zeit getroffen.
Eine singende Nonne aus Belgien war in den US-Charts erfolgreicher als ein gewisser Falco mit Rock me Amadeus: Jeanne-Paule Marie Deckers, von den Dominikanerinnen Sr. Luc-Gabrielle und ihrer Plattenfirma „Sœur Sourire“ (dt.: lächelnde Schwester) genannt, landete mit Dominique in den Sixties einen Welthit. Ihr mehrstimmig und mit einfacher Gitarrenbegleitung vorgetragenes Liedchen über den Ordensgründer aus dem Hochmittelalter traf in der Weihnachtszeit 1963, kurz nachdem die Ermordung J. F. Kennedys die Amerikaner in Trauer stürzte, den Nerv der Zeit. Das Chanson, das wie die musikalische Untermalung eines Jugendgruppenausflugs klingt, stand viermal an der Spitze der US-Charts – als erstes und bisher einziges rein französischsprachiges Lied. Falco schaffte es das mit dem bisher einzigen deutschsprachigen Song nur dreimal.
Sœur Sourire war eine tragische Figur: Der damals 30-jährigen, mit ihrer markanten Brille ein bisschen wie die Tochter des deutschen Komikers Heinz Erhard wirkenden Ordensfrau bescherte der musikalische Erfolg kein Lebensglück. Sie überwarf sich in der Aufbruchszeit des Konzils mit dem Konvent von Fichermont bei Waterloo und verließ die Dominikanerinnen, versuchte sich ohne Erfolg als Sängerin, wurde als lesbische Frau geoutet und beging verarmt und verschuldet am 29. März 1985 in ihrem Geburtsort Wavre bei Brüssel gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Suizid… (weiter in: DIE FURCHE 27.3.25.)
Geschützt: Gregor schmust mit Papa
Pubquiz, 24.3.25, Café Benno
Meine Pubquizpremiere als Aktiver, nach einer Einladung von Helga G., Boomer-Generation wie ich. Dazu ihr Bruder, ein Endfuffziger, und drei musikaffine Twens. Das ergänzte sich gut, denn dass Jack Niklaus eine inzwischen 85-jährige Golflegende ist, wissen „Alte“ eher als die Jungen, dafür sorgten letztere dafür, dass unser Team namens „Quizsters ofr Mercy“ unter 18 Konkurrent:innen immerhin Platz 4 (erkennen der Songs) bzw. Platz 7 (Wissensfragen) belegte. Die zu jeder der 15 Fragen – darunter eine Scherzfrage, ein Anagramm und eine Schätzfrage – gespielte Musik stammte vorrangig aus der Zeit nach der Jahrtausendwende; fast unlösbar für mich Sixties- und Seventies-Kenner. Dass man aus „subtil ausbrechen“ den gesuchten „Lausbubenstreich“ bilden kann, war dann eine gemeinsam erarbeitete Lösung beim Buchstabenumordnen.
Souverän waren wir Quizsters beim Erkennen von Künstlern und dazugehörigen Stilrichtungen (siehe Foto vom Bildblatt) und beim Benamsen von neuen Regierungsmitgliedern. Nicht erkannt haben wir alle zusammen den Wawel, die Burg von Krakau, auch die Schauspielerin an der Seite von Tom Hanks in der Dan-Brown-Verfilmung „The Da Vinci Code – Sakrileg“; es wäre Audrey Tautou gewesen.

Fazit: Pubquizzen boomt, und es macht Spaß. Mir würde es noch mehr gefallen, wäre die Hinweise auf die Lösung gebende Tracklist musikalisch breiter gestreut. Und vielleicht gäb’s ja – gute Idee, Helga – mal ein Quiz-Angebot speziell für Ältere wie mich…
22.3.25 Tocotronic, Konzerthaus ***
Im Rahmen ihrer „Golden Years“-Tour nach dem Erscheinen ihres jüngsten Tonträgers kam die Hamburger Band auch in den gediegenen Großen Saal des ausverkauften Wiener Konzerthauses (ohne Bestuhlung im Parterre ein ungewohnter Anblick). Das seit 1993 immer noch bestehende Gründungstrio Dirk von Lowtzow (Gesang, Gitarre), Jan Müller (Bass) und Arne Zank (Schlagzeug, Keyboard) [warum zum Kuckuck nennt sich eine Band nach von einer japanischen Spielkonsole??] wurde nach dem Ausscheiden des langjährigen Leadgitarristen Rick McPhail durch Felix Gebhard ergänzt – und er machte seine Sache richtig gut. Tocotronic spielte nach einem Geburtstagsständchen des Publikums – viele darunter mit der Band in Ehren ergraut – für Dirk sichtlich gut gelaunt Klassiker wie Aber hier leben, nein danke, vor allem aber Stücke aus dem neuen, inzwischen 14. Album: Es handelt vom Glück der Reife und von der Angst vor dem Tod, vom Reisen durch die Zeit, Unterwegssein und von der Sehnsucht nach einem Zuhause.

Musikalisch viel Gitarren-Schrummschrumm ohne viel Melodie, dazu Dirks manchmal etwas nervige Krautrock-Stimme. Am schönsten das als Single mit Anja Plaschg (Soap&Skin) als Zweitstimme erschienene und in Wien mit Akustik-Gitarre dargebotene „Ich tauche auf“. Politisch sind Tocotronic seit jeher schwer in Ordnung: Eine ihrer letzten Singles, Denn sie wissen, was sie tun, wendet sich gegen den aufblühenden Faschismus, noch kurz vor der russischen Invasion lautete ein Albumtitel Nie wieder Krieg. Und als sich Felix den Fotzhobel umschnalle, scherzte Dirk, der Gitarrist schnalle sich jetzt seine Zahnspange um, und das sei ein Protest gegen den neoliberalen Selbstoptimierungszwang.
Also durchaus sympathisch und unterhaltsam, der Abend. Warum dann nur *** als Bewertung? Nun, es ist einfach nicht „meine Musik“; mir fehlt, anders als meinem mich einladenden Bruder, die biografische Nähe zu deutschen Indie-Rockbands wie Tocotronic, Blumfeld, Die Sterne oder Fettes Brot. Wenn Musik vom nördlichen Nachbarn, dann lieber Jan Delay oder Peter Fox
Wiener Museen locken
Seit Weihnachten 2024 bin ich im Besitz einer Bundesmuseen-Card und habe diese auch schon mehrfach genutzt (siehe Kategorie „RME besucht“). Wien hat ja eine außerordentlich reichhaltige Museen-Landschaft, die vielen wechselnden Sonderausstellungen versprechen viele Kultur-Highlights. Ich lass mich da gern verführen – und das muss nicht immer alleine sein. Wer Lust hat, mich mal auf einen Gang entlang von spannenden Exponaten zu begleiten, sende mir bitte eine Nachricht per Mail.
Beatles forever
Begann meine „popmusikalische Sozialisation“, als ich in den Sixties Beatles-Songs vorm Einschlafen unter der Bettdecke in Fantasie-Englisch nachsang? Schon als Volksschüler liebte ich die Fab Four. Und das vertiefte sich im Gymnasium, als wir bei Klassenfahrten im Bus das Beatles-Songbook rauf und runter sangen. Meine ersten beiden Schallplatten waren das rote und das blaue Doppelalbum von John, Paul, George und Ringo. Wobei: Da hatte sich meine „Lieblingsära“ der Beatles schon verschoben. Die favourites waren da nicht mehr die ersten Alben bis zu Help, sondern die späteren ab Revolver. Das White Album – ein Genuss! Abbey Road – herrlich! Let it be -was für ein Abgesang!
Ich erinnere mich noch, wie schockiert ich über die Trennung der Beatles 1970 war, fast so wie 1980, als der erste von ihnen, John Lennon, starb, ermordet wurde. Dann starb George an Krebs, unterschätzt als Komponist, aber mir etwas zu indophil. My Sweet Lord liebte ich aber. Und Ringo? Ursympathisch, ein Typ, mit dem man gerne auf ein Pint im Pub ginge. Seine Drums bei Come together großartig.
An Love me do oder I want to hold your Hand könnte ich mich wohl satthören. Aber nicht so bei Blackbird, Yesterday, Hey Jude oder All you Need is love, aber auch nicht bei Unbekannterem wie Because, Golden Slumbers oder Happiness is a warm gun. Und spätere Werke wie Imagine, Dream #9, Band on the run oder Venus and Mars zementieren meinen pophistorischen Standpunkt ein. Beatles forever!
Lust auf Pubquiz?
Ich quize gerne, erstellte sogar schon im Gymnasium Quizfragen für meine Schulkolleg:innen. Und bewarb mich für „Q1 – ein Hinweis ist falsch“ und „Smart10“ im ORF-Vorabendprogramm. Leider erfolglos. Aber Pubquiz, das wäre was für mich. Z.B. das an jedem Dienstagabend gleich bei der U1-Station Kagran. Beginn um 19 Uhr im Spark by Hilton Vienna Donaustadt (Dr.-Adolf-Schärf-Platz 6).
Es spielen Gruppen gegeneinander, max. 6 Personen sind erlaubt, keine Teilnahmegebühr. Claudia und ich waren schon mal kiebitzen, gefinkelte Fragen, aber wirkte lustig. Hätte jemand Lust mal mitzukommen?