Die traurige „lächelnde Schwester“

Vor 40 Jahren, am 29. März 1985, nahm sich Jeanine Deckers, bekannt als Sœur Sourire, unter tragischen Umständen das Leben. 1963 hatte ihr Chanson „Dominique“ den Nerv der Zeit getroffen.
Eine singende Nonne aus Belgien war in den US-Charts erfolgreicher als ein gewisser Falco mit Rock me Amadeus: Jeanne-Paule Marie Deckers, von den Dominikanerinnen Sr. Luc-Gabrielle und ihrer Plattenfirma „Sœur Sourire“ (dt.: lächelnde Schwester) genannt, landete mit Dominique in den Sixties einen Welthit. Ihr mehrstimmig und mit einfacher Gitarrenbegleitung vorgetragenes Liedchen über den Ordensgründer aus dem Hochmittelalter traf in der Weihnachtszeit 1963, kurz nachdem die Ermordung J. F. Kennedys die Amerikaner in Trauer stürzte, den Nerv der Zeit. Das Chanson, das wie die musikalische Untermalung eines Jugendgruppenausflugs klingt, stand viermal an der Spitze der US-Charts – als erstes und bisher einziges rein französischsprachiges Lied. Falco schaffte es das mit dem bisher einzigen deutschsprachigen Song nur dreimal.
Sœur Sourire war eine tragische Figur: Der damals 30-jährigen, mit ihrer markanten Brille ein bisschen wie die Tochter des deutschen Komikers Heinz Erhard wirkenden Ordensfrau bescherte der musikalische Erfolg kein Lebensglück. Sie überwarf sich in der Aufbruchszeit des Konzils mit dem Konvent von Fichermont bei Waterloo und verließ die Dominikanerinnen, versuchte sich ohne Erfolg als Sängerin, wurde als lesbische Frau geoutet und beging verarmt und verschuldet am 29. März 1985 in ihrem Geburtsort Wavre bei Brüssel gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Suizid… (weiter in: DIE FURCHE 27.3.25.)