Jedes Jahr ein Fixum – und eine Erinnerung an meine 14 Jahre währende Mitbewohnerschaft in der Floridsdorfer autofreien Mustersiedlung: Das AMS-Fest, getragen von der Kerngruppe an Engagierten in dieser dorfähnlichen Wohnanlage um zwei Innenhöfe. Das vermisse ich seither. Nette, um Gemeinschaftsbildung bemühte Nachbar:innen, die für mehr sorgen als nur ein freundlich-unverbindliches „Guten Tag“ bei zufälligen Begegnungen im Stiegenhaus.
Ein Fixpunkt in meinem persönlichen Jahresfestkalender: AMS-Fest am Samstag nach Pfingsten
Es sang der seit 150 Jahren bestehende Nordbahnbundchor, es gab ein pikantes und süßes Buffet mit gespendeten Speisen, Info über ein Familienbiografie-Buchprojekt von Johannes Chudoba, Irish Folk und als Höhepunkt der Auftritt der Siedlungsband rund um Altrocker und Stromgitarrist Gerhard, mit Ex-Alkbottler Roman Gregory (auch ein Mitbewohner) als Gastsänger. Und viele Gespräche mit Leuten, die mich (und die Auftritte mit meinen Söhnen) nicht vergessen habe, obwohl ich seit mehr als sechs Jahren zwei Bimstationen weiter weg wohne.
Es ist schon ein Erfolgsformat mit hochkompetenten Mitspielenden: das von Elke, der Bassistin der Siedlungsband aus der nahen autofreien Mustersiedlung (AMS), veranstaltete Musikquiz im Café Helga, Donaufelderstraße 65. Ich hatte zwei Tage zuvor angerufen und wollte einen Tisch für Carmen, ihren Martin und mich reservieren, keine Chance, hieß es, der Laden ist voll, aber Sie können gerne vorbeikommen und sich einer unvollständigen Gruppe (max. sechs Personen) anschließen. Ich bildete schließlich mit den genannten sowie mit Martina, Chorleiterin des Nordbahnbundchors, und Anna aus der AMS ein Fünferteam an einem Stehtisch. Rund um uns typisches Vorstadtpublikum, manche wirken „prollig“, aber hier gibt’s keine blöden politischen Ansagen, also sympathisch, meinte Elke. Und die beiden Wirtsfrauen, eine davon mit einem irre lauten Organ, echte Originale, die die Gäste mit Gratis-Liptauer und Soletti bedachten. Das Quiz bestand aus elf Runden in verschiedenen Kategorien wie Musical, Austropop, Schweden, „kurz angespielt“ und war gar nicht einfach. Für mich/uns, wie befürchtet, die neuere Musik der 2000er-Jahre eine echte Hürde. Ältere Hadern gingen viel besser. Unter neun Teams wurden wir mäßige sechste. Aber Spaß hat’s gemacht, werde bei der nächsten Auflage im Oktober wieder hingehen.
Wir waren mit dem Auto unterwegs – was in Wien selten der Fall ist. Aber es galt, Claudia zum Operateur ihrer lädierten Schulter zu bringen. Und danach wollte sie unbedingt in die äußere Mariahilferstraße (Nr. 192), warum auch immer. Ich wenig begeistert, da nicht gerade auf der Strecke am Weg nach Hause. Aber gut. Ihr Ziel war ein Café, ein besonderes, für seine Röstkompetenz ausgezeichnetes: Gota, „Coffee Experts“, die Internationalität u.a. mit einer nur auf Englisch gehaltenen Website zum Ausdruck bringen. Als wir exzellenten Cappuccino und einen Snack aßen, eröffnete mir Claudia, sie schenke mir als Dank für meine „Schulter-Unterstützung“ einen Barista Workshop, den Gota regelmäßig anbietet und der für mich an einem Samstag während ihres mehrwöchigen Reha-Aufenthalts anberaumt war. Heute, am letzten Mai, war es soweit. Vorab informierte ich mich auf Wikipedia über Kaffee-Basics: Arabica und Robusta als Hauptsorten, anregende und sogar gesundheitsfördernde Wirkung des Koffeins, Handelsströme ausgehend vom Coffee belt… Gota-Experte Michi informierte weiters über die verschiedenen Kaffeeverarbeitungsmethoden, vor allem übers Rösten, über Mahlwerkkalibrierung, Umgang mit Espressomaschinen und Kaffeemühlen, Extraktion und sogar übers Aufschäumen von Milch bis hin zur Latte Art. Viel Interessantes und vieles, dass ich bald wieder vergessen werde, vor allem den Umgang mit Maschinen, die wir gar nicht im Haushalt haben.
Was ich mir merken möchte: die Grundregeln der Espressozubereitung: 15g Kaffeepulver sollen nach dem Bedienen unserer Delonghi Dedica zwischen 20 und 30 Sekunden lang die doppelte Menge Espresso – also 30g – ergeben. Die Brühtemperatur liegt bei über 90 Grad, der Druck bei beachtlichen 9 bar. Das sollte eine gut sichtbare Crema ergeben. Läuft das Wasser zu kurz durch, kommt es zu einer Unterextraktion, d.h. die Gehaltsstoffe der (zu grob gemahlenen? Im Siebträger mit dem Tamper unzureichend planierten?) Bohnen kommen nicht zur Geltung. Das Ergebnis hat statt einem ausgewogenen Verhältnis von sauer, bitter und süß nur ersteres. Werden die Bohnen aber zu fein gemahlen und „tropft“ der Espresso nur so runter, dann kommt es zu einer Textur „wie Sirup“, so Michi über diese Überextraktion. Wer Kaffee lieber als Verlängerten mag so wie meine Liebste, dann ist es laut Michi besser, heißes Wasser zuzugeben („Americano“) statt eines zweiten Durchlaufs desselben Siebinhalts. Gute Kaffeeröstungen bieten viele Infos zu Herkunft, Geschmacksprofil, Anbauhöhe und Röstungsvariante – in Italien wird stark geröstet, die Bohnen sehen dann sehr dunkel aus; bei Gota mag man’s lieber weniger und heller (was aber eher die Säure betont und ich nicht so schätze). Wie auch immer: Ich muss mal in unserer Küche mit Waage und verschiedenen Malgraden herumexperimentieren und Geschmackserfahrungen sammeln. Morgen geht’s los (heute hatte ich schon zu viele Espressi).
Da müssen sich Önologen ranhalten: Kaffee kann schon sehr unterschiedlich schmecken
Ich musste erst Pensionist werden, um erstmals das Weltmuseum in der Neuen Hofburg zu besuchen (oder ich war schon dort, kann mich aufgrund meines nachlassenden Gedächtnisses aber nicht mehr erinnern). Allein der Bau – eines der jüngeren Gebäude des bis ins 13. Jht. zurückreichenden Hofburg-Komplexes, die weltweit größte ihrer Art – ist imposant.
In der oberen Etage warf ich noch einige Blicke in die zweite aktuelle Ausstellung „Der europäische Koran“
Mich interessierte die aktuelle Ausstellung „Wer hat die Hosen an?“ Dieser Titel suggeriert ein Machtgefälle. Und tatsächlich oblag es über Jahrhunderte meist den gesellschaftlich dominierenden Männern, Beinkleider zu tragen, für Frauen galt das als unschicklich und musste von ihnen erst erkämpft werden – anfangs reitend oder auf Bühnen spielend. Und Hosen sind auch ein typisch europäisches Kleidungsstück, auch wenn die älteste gefundene Hose aus Westchina rund 1000 v. Chr. stammt. Indigene in Amerika oder Afrika mussten sich bald den Kleidungsvorstellungen der Kolonialisten aus der Alten Welt beugen. Die Ausstellung bietet in fünf Räumen eine Vielzahl an Beispielen, wie unterschiedlich Hosen aussehen können: Die Palette reicht vom tangaähnlichen Seidenband der Sumoringer über metallene Harnische der Ritterzeit bis hin zum allgegenwärtigen Denimstoff, aus dem die Jeans dieser Welt geschneidert sind. Und auch konsumkritische Anmerkungen zu den Folgen der heutigen Kleidungs(über)produktion kommen nicht zu kurz.
Via Bildschirm konnte man sich mit bunten Hosen „bekleiden“.
Meine erste LNdK ohne die Verpflichtung, über eine der unzähligen Veranstaltungen zu berichten (was diesmal laut Kathpress-Ex-Kollegen schwerer fiel, da nur wenige Programmpunkte in Wien „journalistisch relevant“ seien). Also: Programm nach Lust und Laune. Ich startete mit „Dreck“, einem vom Katholischen Bildungswerk veranstalteten Einpersonenstück von Robert Schneider („Schlafes Bruder“) aus dem Jahr 1991 über Xenophobie. Es geht um einen arabischen Rosenverkäufer namens Sad (Saddam), der sich auf diese Weise sein Studium finanziert. Er beschreibt sein Leben in einer deutschen Stadt, seine Erfahrungen mit Fremdheit und Verachtung. Sad macht sich demütig zum Sündenbock, übernimmt die absurdesten Vorurteile über „die Ausländer“ und hält dem Publikum damit einen Spiegel vor
Der Rosenverkäufer Sad aus Robert Schneiders Stück „Dreck“
Beim anschließenden Gespräch, moderiert von KAÖ-Vizepräsidentin Kathi Renner, wurde deutlich, dass trotz Hilfsbereitschaft der oft in Pfarren engagierten Anwesenden Fremdheit irritiert. Die 1956 aus Ungarn, 1968 aus der CSSR oder in den 1990ern aus dem zerfallenden Jugoslawien Geflohenen seien „uns doch viel näher als die heutigen Flüchtlinge aus Afghanistan oder Syrien“. Dann hieß es für mich. „Komm vorbei in Mamas Café!“: Das Social Business im Zwettlerhof/Stephansplatz schafft für Alleinerziehende, die in der St. Elisabeth-Stiftung begleitet werden, Arbeitsplätze im Berufsfeld Gastronomie. Zu meiner Überraschung gab’s dann dort auch eine von meinem Ex-Kollegen Henning Klingen moderierte Diskussion über katholische Bildung bzw. Religionsunterricht mit vorhersehbaren Statements von Fachleuten wie Schulamtsleiterin Andrea Pinz (am Bild ganz rechts). War froh, dass ich darüber nichts mehr schreiben musste und ging vorzeitig ab.
LNdK-Diskussion im neuen Mamas Café
Denn in der Votivkirche war ein A-cappella-Konzert des „V.O.I.C.E Vienna Pop & Jazz Choir“ angekündigt – das leider nicht das hielt, was ich mir davon erwartete. Die Akustik in der riesigen, gut gefüllten neugotischen Kirche war katastrophal, die Darbietung u.a. mit einem Falco-Medley und Filmsongs eher mau.
Chorgesang in der sehr hallenden Votivkirche – nichts für mich
Also ab zur letzten Station: Im kirchlichen Begegnungszentrum „FranZ“ in der Bruno-Marek-Allee wurde unter dem Motto „Anybody out there?“ ein „Streifzug durch die Bibel und die Musik von Pink Floyd“ beworben. Erinnerte mich an einen von mir mitgestalteten Abend der Grazer LaientheologInnen, bei dem Bischof Johann Weber als Gast Popmusik und selbst verfasste Meditationstexte ertragen musste. Im FranZ war eher älteres Publikum präsent, ca. 15 Leute, die in entspannter Haltung Musik aus ihrer Jugendzeit und Perikopen aus dem Alten und Neuen Testament hörten. Eine gelungene Kombination. Muss wieder mal „Dark Side oft the Moon“ und „Wish You Were Here“ hören…
Abschließendes Relaxen zu Pink Floyd und Bibeltexten
Rund 300.000 Besucher bei „Langer Nacht der Kirchen“, vermeldete Kathpress im Anschluss an die schon traditionelle Veranstaltung in ganz Österreich. Geschätzt wie üblich „Daumen mal Pi“.
Zugegeben, sie war kurz, meine Theaterkarriere. Genau genommen bestand sie in einem zehnminütigen Probeauftritt, für den ich gerade mal ein Dutzend Sätze zu lernen hatte. Der jedoch barg durchaus Dramatik. Immerhin sagte Pia Hierzegger zu mir und ich zu ihr, dass wir einander lieben, sie sank vor mir auf die Knie, nachdem sie mich mit Nudeln beworfen hatte… Aber der Reihe nach: Meine Freundin Martina hatte mich auf eine Ausschreibung für die Wr. Festwochenproduktion „The Second Woman“ aufmerksam gemacht, für die Männer unterschiedlichen Alters gesucht wurden. Auch schauspielerisch unbedarfte. „Die australischen Regisseurinnen Nat Randall und Anna Breckon lassen eine Frau mit 100 verschiedenen Männern sowie queeren und nicht-binären Menschen aus Wien nacheinander dieselbe emotionale Beziehungsszene spielen.“ So das Konzept. Ich meldete mein Interesse an, absolvierte erfolgreich ein Online-Casting und bekam eine Einladung zu einem Probetermin im Wiener Museumsquartier. Das war gestern, am 20. Mai. Dort stellte sich heraus, dass die Probe nicht für mich – und die Dutzenden anderen zu diesem Zweck bestellten Männer – angesetzt war, sondern für Pia Hierzegger. Sie sollte sich auf den Theatermarathon am 28./29. Mai vorbereiten, wenn sie in 24 Stunden mit nur wenigen Pausen 100 andere Männer bespielen sollte. Wir „Probemänner“ wurden nicht mehr gebraucht. Was ich schade fand. Vor dem Probelauf hieß es, wir könnten gar nichts falsch machen. Profi Pia würde Textunsicherheiten schon „auffangen“, auf Unvorhergesehenes reagieren, wir könnten somit ruhig das Textkorsett lockern und Platz für Improtheater lassen. Ich – eingestellt auf eine Probe vor dem „großen“ Auftritt in der MuQua-Halle E – war durch diese Info in Pfeifdrauf-Stimmung und mit einem Schlag null nervös. Als ich dran war, stand Pia Hierzegger mit dem Rücken zu mir in einem mit Klebebändern markierten Raum, in dem ein Tisch und zwei Sessel, eine Art Hausbar und eine Kommode mit Musikabspielgerät standen. Auf ein Zeichen der Regisseurin hin „trat ich ein“, entschuldigte mich für mein Zuspätkommen wegen eines Treffens mit meiner Ex-Frau, bei dem anstehende Feste für die erwachsenen Söhne zu besprechen waren – so mein selbst erfundener Einstieg. Pia gab – wie im Skript vorgesehen – die enttäuschte Geliebte mit Sätzen wie „Ich genüge dir nicht“ und „Es macht nichts, dass du mich nicht mehr attraktiv findest“. Was ich der Vorgabe entsprechend abstritt und ihr einen beschwichtigenden Kuss gab. Es folgte ein Zornesausbruch mit meinen mitgebrachten Fastfood-Nudeln, ein halbherziger Tanz zur von Pia aufgedrehten Musik und ihr Schlusssatz „Du gehst jetzt besser!“, zu dem sie mir die 50 vertraglich zugesicherten 50 Euro Aufwandsentschädigung aushändigte. Ich hatte für meinen Schlusssatz die Wahl zwischen „Ich liebe dich“ und „Ich hab dich nie geliebt“. Nun ja. Ob es für das Publikum reizvoll wird, sich diese Episode einer Liebessackgasse in 100 Varianten anzusehen, sei dahingestellt. Für spontanen Witz und originelle Abweichungen ist wenig Raum. Frau Hierzegger beneide ich ja nicht darum, ab 18 Uhr am 28. Mai 24 Stunden lang (mit kurzen Pausen) auf der Bühne zu stehen, beim Tanzen zu Boden zu sinken und davor mit Essen zu werfen. Sie fühlte sich bei der Probe schon etwas müde an. Karten gibt es für „The Second Woman““, das auch schon anderswo aufgeführt wurde, übrigens keine mehr.
Eine gemeinsame Unternehmung mit meinen Geburtstagsenkeln Jakob (11 seit 7.4.) und Nathan (9 seit 6.4.), die uns dreien viel Spaß machte: Molekularbiologe Martin Moder und Sich-blöd-Steller Martin Puntigam in einer unterhaltsamen Doppelconference über Staunenswertes aus der Naturwissenschaft. Es gab einen brennenden Unterarm u.a. Extremhitzeexperimente, Informationen über Methan, das als Darmwind entzündbar ist, eine in flüssigen Stickstoff getauchte Rose, deren Blätter danach in 1000 Stücke zersprangen, einen kräftigen Tritt auf eine Tube Senf, deren Inhalt dann meterweit herausspritzte, einen Vorschlaghammerschlaf auf Moders durch Ziegelsteine und Holzbrett geschützten Rumpf und den Tipp, nicht mit einer geballten Faust zuzuschlagen, in der die Finger den Daumen umschließen (Knochenbruchgefahr!) – mit einem Wort: höchst nützliches, alltagstaugliches Wissen, garniert mit viel Humor. Jakob und Nathan haben viel gelacht, die eineinhalb Stunden vergingen schnell. Gemeinsam Zeit zu verbringen ist für die zweite Generation nach mir und auch für mich ein besseres Geschenk als Bücher und Lego Technik, finde ich. So will ich es weiter halten…
Es gibt Kabarettisten, die drucken Wuchteln, als würden sie an der Bar neben einem stehen. Alex Kristan z.B., der das richtig gut macht. Oder Andreas Vitasek, Lukas Resetarits, Roland Düringer. Und dann gibt es Literaten unter den Kabarettisten, die wie der großartige Josef Hader in eine Kunstfigur schlüpfen. Der „literarischste“, den ich bisher erlebte, war der Bochumer Jochen Malmsheimer bei seiner Wien-Premiere im Stadtsaal. Ein Meister der geschliffenen Sprache, ein Formulierungsvirtuose, der seine fremd- und selbstentlarvenden Wortkaskaden in einem Tempo auf das Publikum loslässt, das höchste Konzentration erfordert. Was nahelegt, dass der schwergewichtige Humorist vorliest und dabei sitzt, auch erwartbare Reaktionen der Zuhörerschaft in seinem Text vorausnimmt. Dass Malmsheimer dabei gekonnt verschiedene Rollen und Stimmlagen einnimmt, muss auch für ihn anstrengend sein. Sein aktuelles Programm betitelt er ironisch mit „Statt wesentlich die Welt bewegt, hab ich wohl nur das Meer gepflügt“. Er gibt seinem unscheinbaren Oeuvre eine Stimme, das unsichtbar für andere an seinem Spitalsbett sitzt, wo er nach einem E-Bike-Unfall traktiert wird. Köstlich, wie Malmsheimer sich als unfreiwillig Sporttreibenden mit viel zu schmalem Hartgummisitz zwischen den Arschbacken beschreibt, in einem Outfit, in dem er nie freiwillig vor die Türe treten würde. Aber es war ja ein Geschenk von der „Einzigsten“… Auch die Sprachlosigkeit heutiger jugendlicher Brünstigkeit („Willste fickn?“) bekommt ihr Fett ab, ebenso das Besserwisserische eines Helmut Schmidt, der steinalt wurde, weil er geraucht hat („Wo Rauch ist, ist auch Feuer“) oder der Textklau durch Künstliche Intelligenz („Wenn man Scheiße noch so lange rührt, kommt kein Marzipan raus“) Danke, Henning K., für deine Einladung zu dieser marzipanesken, dürnbergerisch bereicherten Abendunterhaltung eines in Österreich zu Unrecht weitgehend Unbekannten!
Jochen Malmsheimer bei einem der wenigen Direktkontakte zum Publikum
Meine Pubquizpremiere als Aktiver, nach einer Einladung von Helga G., Boomer-Generation wie ich. Dazu ihr Bruder, ein Endfuffziger, und drei musikaffine Twens. Das ergänzte sich gut, denn dass Jack Niklaus eine inzwischen 85-jährige Golflegende ist, wissen „Alte“ eher als die Jungen, dafür sorgten letztere dafür, dass unser Team namens „Quizsters ofr Mercy“ unter 18 Konkurrent:innen immerhin Platz 4 (erkennen der Songs) bzw. Platz 7 (Wissensfragen) belegte. Die zu jeder der 15 Fragen – darunter eine Scherzfrage, ein Anagramm und eine Schätzfrage – gespielte Musik stammte vorrangig aus der Zeit nach der Jahrtausendwende; fast unlösbar für mich Sixties- und Seventies-Kenner. Dass man aus „subtil ausbrechen“ den gesuchten „Lausbubenstreich“ bilden kann, war dann eine gemeinsam erarbeitete Lösung beim Buchstabenumordnen. Souverän waren wir Quizsters beim Erkennen von Künstlern und dazugehörigen Stilrichtungen (siehe Foto vom Bildblatt) und beim Benamsen von neuen Regierungsmitgliedern. Nicht erkannt haben wir alle zusammen den Wawel, die Burg von Krakau, auch die Schauspielerin an der Seite von Tom Hanks in der Dan-Brown-Verfilmung „The Da Vinci Code – Sakrileg“; es wäre Audrey Tautou gewesen.
Das Bildblatt zu „Erkennen Sie die Melodie?“
Fazit: Pubquizzen boomt, und es macht Spaß. Mir würde es noch mehr gefallen, wäre die Hinweise auf die Lösung gebende Tracklist musikalisch breiter gestreut. Und vielleicht gäb’s ja – gute Idee, Helga – mal ein Quiz-Angebot speziell für Ältere wie mich…
Matthew Wong (1984-2019), kanadischer Maler mit chinesischen Wurzeln, empfand sich als Geistesverwandter van Goghs. Beide waren von labiler psychischer Gesundheit, beide waren Autodidakten und hatten manische Arbeitsphasen, in denen ihnen die Malerei als „letzte Zuflucht“ diente. Der durch Suizid ums Leben gekommene Wong orientierte sich stark am flackernden Pinselstrich und auch an der Themenwahl des großen Niederländers. „Ich sehe mich selbst in ihm. Die Unmöglichkeit, Teil dieser Welt zu sein“, schrieb Wong einmal über sein Vorbild. Vor einigen seiner 44 Gemälde stand ich länger und war beeindruckt von der emotionalen Wucht der dargestellten Einsamkeit, der Verlorenheit, der Lebensmüdigkeit. „See you on the other side“ betitelte Wong sein letztes (?) Bild. Darauf zu sehen. Eine einsame Gestalt, die vor einer leeren weißen Fläche auf ein offenbar ersehntes Gegenüber, ein schon nahes Jenseits blickt
Der einsame Künstler Mattew Wong schuf dieses Bild kurz vor seinem Suizid