„Der Lehrer, der uns das Meer versprach“ (Patricia Font, Sp 2023) **** 3.3.25

Spanien war noch eine brutale Diktatur, als ich längst geboren war. Bis 1975 dauerte das Franco-Terrorregime, dem Tausende Oppositionelle zum Opfer fielen, viele davon namenlos in Massengräbern verscharrt. Einer davon war Antoni Benaiges (Enric Auquer), der kurz vor Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs Grundschullehrer in einem kleinen, abgelegenen Dorf in der Provinz Burgos wird. Dank seiner fortschrittlichen, antiautoritären Unterrichtsmethoden baut er schnell eine vertrauensvolle Beziehung zu seiner Klasse auf. Doch der freundschaftliche Umgang mit den Kindern wird von Eltern und Dorfgrößen argwöhnisch beobachtet und dann von den faschistischen neuen Machthabern brutal beendet.
Dieser historischen Person auf der Spur geht in der etwas aufgesetzten Rahmenhandlung die Enkelin eines inzwischen schwer kranken Ex-Schülers von Benaiges. Im Zuge der Exhumierung von Franco-Opfern schafft es Ariadna, ihrem Großvater ein Stück verlorene Lebensgeschichte zurückzugeben.

„Der Mauretanier“ (Kevin Macdonald, GB/USA 2021) ***** 17.2.25 (Netflix)

Filme von Streaming-Plattformen kommen hier eigentlich nicht vor – aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme. Denn „Der Mauretanier“ ist einer jener Filme, die mich zum Weinen bringen: aus Wut darüber, was Recht brechende Vertreter eines an sich demokratischen Staats ungestraft anderen antun können; und aus Berührtsein darüber, wie manche aufrechten Persönlichkeiten auch unter widrigsten Bedingungen humane Größe oder auch nur menschliche Gesten zeigen.
Der Film basiert auf dem Guantanamo-Tagebuch von Mohamedou Ould Slahi. Er wird nach den Terroranschlägen von 9/11 in Mauretanien festgenommen und ohne formelle Anklage ins US-Internierungslager Guantanamo Bay verschleppt. Man wirft dem Gefangenen Zusammenarbeit mit den Attentätern vor. Doch dem Chefankläger Stuart Couch (Benedict Cumberbatch) kommen Zweifel an Mohamedous Schuld, erst recht, als er – wie Mohamedous Rechtsanwältin Nancy Hollander (Jodie Foster) erkennt, dass seine Geständnisse durch Folter erzwungen wurden. Diese werden in Rückblenden drastisch gezeigt, mir ging es dabei wie beim Besuch des KZ Ravensbrück, der menschliche Abgründe offenbarte.
Der deutsche Filmdienst, dessen Wertungen ich im Allgemeinen sehr schätze, kritisierte die „streckenweise biedere, oft etwas träge Inszenierung“ Macdonalds und verlieh nur 2 von 5 Sternen. Ich komme vor dem Hintergrund dessen, was sich in der Ära Trump II gerade in den USA abspielt, zu einer anderen Wertung: politische Bildung, wie sie sein soll.

„Es liegt an dir, Cheri“ (Florent Bernard, F 2024) *** 22.1.25

Der Mann hoch an einem Kinomittwoch mit Verlegenheitslösung. In „Falter“ hieß es über diese „Komödie mit melancholischem Einschlag“, dass sie „mehr bietet, als der Titel verspricht“. Aber seien wir ehrlich, der Burner war der typisch französische Film nicht. Und Charlotte Gainsbourg hatte schon weit bessere Rollen als diese Sandrine, die sich nach 20 Ehejahren von ihrem Mann und Christophe (José Garcia) trennen möchte. Der bittet um einen gemeinsamen Wochenendausflug mit den beiden fast erwachsenen Kindern als letzte Chance. Es geht an Orte, die im Leben der Familie eine wichtige Rolle spielten. Christophe benimmt sich dabei recht deppert, und die nostalgische Reise lässt die Probleme eher hervortreten, als dass sie den Zusammenhalt stärken würde. Das alles mündet in eine versöhnliche Trennung und einen Reifungsprozess der Teenager-Kinder – und zu einem After-Film-Talk unter drei Männern mit Tiefgang.