Adventmail 2022/12 (Reisen)

Meine vielleicht abenteuerlichste Reise trat ich als berucksackter Student an. Es ging via Zug nach Portugal, zurück wollte ich per Autostopp. Und das alleine, wenn auch unfreiwillig. Denn die junge Grazerin, in die ich damals verliebt war, wollte – noch nicht losgelöst von ihrer Beziehung davor – dann doch nicht mitkommen. Auf Eisenbahnschienen ging es nach Mailand, wo ich am Bahnhof übernachtete, dann nach Madrid (wo ich ein Billigzimmer fand) und zu sechst im Abteil laaange nach Lissabon. An der Algarve schlug ich mein Zelt auf, lernte eine junge Deutsche mit einer Wahnsinnsfigur kennen, die auch an mir interessiert war. Doch mein Herz gehörte einer Anderen, Zurückgebliebenen.
Das Trampen zurück erforderte viel Geduld. Meist nahmen mich LKW-Fahrer mit, einer davon berührte beim Schalten immer “zufällig” meinen nackten Schenkel. Doch diese und jede andere Art von Bezahlung wollte ich nicht leisten. Wo ich übernachtete, bis ich mich unweit von Zürich bei Tante Ingrid und Onkel Adrian einlud, weiß ich nicht mehr. Geplant war nie etwas – ich wusste ja auch nicht, wie weit ich mit den jeweiligen Fuhren kam.
Heutzutage reise ich völlig anders. Abgesichert, vorausgeplant, risikominimiert. Für meine diesjährige Radtour z.B. von Feldkirch den Rhein entlang bis zur Nordsee hatte ich schon viele Monate davor (stornierbare) Quartiere gebucht – für jede Übernachtung. Und die Route und Distanzen hatte ich über google.maps und diverse Radtour-URLs noch davor erkundet; täglich so zwischen 80 und 100 km war das Ziel. In den angepeilten Städten forschte ich im Internet nach von anderen Besuchern empfohlenen Gaststätten, checkte die Radentfernung zu Sehenswürdigkeiten, zweimal das Kinoprogramm vor Ort, orientierte mich mit google-Street-View und nahm chattend Kontakt mit den nächsten QuartiergeberInnen auf. Alles klappte bestens. Und selbst bei einer Reifenpanne hätte ich einen Plan B mit alternativem Bahntransport gehabt.
Vorbei sind die Zeiten, da wir – mit der Landkarte auf den Knien – von Kapfenberg aus an die kroatische Adriaküste fuhren oder mit dem Mietauto von Riga aus das Baltikum erkundeten. Und ehrlich: Ich trauere ihnen nicht nach. Unvorhergesehenes und Überraschungen gibt es auf Reisen ja dennoch jeden Tag. Gut so.
Reiseführer kaufe ich übrigens immer noch. Als Vorbereitung und zur Vorfreude, und weil Blättern auf dem kleinen IPhone-Screen ja nicht wirklich reizvoll ist.

Spaziergang bei den “Seven Sisters”-Cliffs in Südengland

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