Adventmail 2024/21 (Farben)

„Bildung. Alles, was man wissen muss“ (1999) lautet ein 700-Seiten-Konvolut des studierten Anglisten, Historikers und Philosophen Dietrich Schwanitz, das ich mit Begeisterung verschlang. Wie schon Egon Friedells „Kulturgeschichte der Neuzeit“ war das ein Buch, das Allgemeinwissen pointiert und unterhaltsam vermittelt. Und das Kapitel bei Schwanitz, das mich am meisten amüsierte, war jenes über „verbotenes Wissen“, über das, „was man nicht wissen sollte“. Darin war von „Königs“ die Rede, also von europäischen Herrscherhäusern und dazugehörigem Tratsch in der Regenbogenpresse, von Celebrities, aber auch von Leistungssport und Autovernarrtheit, vom Fernsehprogramm und den Banalitäten darin.
Apropos. Es gibt Menschen, die ich sehr schätze und die ich lieb habe, die sehen sich gerne Dinge wie „Dschungelcamp“, „Love Island“, „Der Bachelor“ oder „Masked Singer“ an (ich will jetzt keine Namen nennen). Neulich bin ich beim Rumzappen auf ein Trash-TV-Format gestoßen, bei dem Singles ihre möglichen Partner nackt kennenlernen können. Bei „Naked Attraction – Dating hautnah“ stand eine Frau vor sechs Telefonzellen-artigen Boxen, die den nicht den Blick in das Gesicht des Kandidaten freigaben, aber dafür auf alles, was südlich der Brust lag. „Geht’s noch tiefer?!“, dachte ich mir.
Aber ich wollte heute eigentlich über „Die Bunte“ schreiben, die der Burda-Verlag seit 70 Jahren auflegt. „Neues aus der Welt der Reichen und Schönen, der Stars und Sternchen, der Royals und des Adels“ ist da zu lesen, „auch aktuelle Trends aus den Bereichen Beauty, Mode, Lifestyle und Gesundheit werden aufgegriffen“, heißt es. Die verkaufte Auflage betrug im 3. Quartal 2024 322.075 Exemplare; das ist zwar ein Minus von 57 Prozent gemessen an der Zahl von vor 25 Jahren, aber immer noch viele Frauen blättern als Lesezirkel-Abonnentin oder unter der Trockenhaube eines Frisörs darin rum. Und lesen womöglich Fake News: Tom Cruise, angeblich „zeugungsunfähig“, klagte „Die Bunte“ ebenso erfolgreich wie der deutsche Ex-Bundespräsident Christian Wulff (angedichtete Affäre) oder Caroline von Hannover (erfundenes Interview).
Da kann ich als „Falter“-Abonnent nur sagen. Hol mich hier raus!

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