Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich zuletzt so richtig „blau“ war. Muss Jahrzehnte her sein. Mit blau gemeint ist betrunken, rauschig, aug’soffn, bumzua, og’füüt, blunznfett – nicht politisch (never ever). Der Ausdruck „blau sein“ für den alkoholisierten Zustand hat angeblich tatsächlich etwas mit der Farbe Blau und der mittelalterlichen Färberei zu tun. Indigo als Färbemittel war damals recht teuer und wurde meist durch die heimische Pflanze „Färberwaid“ ersetzt.
Für das Verfahren brauchte man Sonne, heißes Wetter – und Männer, die viel Alkohol tranken. Für eine zufriedenstellende Farbgewinnung hätte die direkte Zugabe von Alkohol an sich genügt, aber dann wäre das Färben wieder teurer geworden – und weniger feuchtfröhlich. Also wählte man den Umweg „Mann“ und dessen alkohollastigen Urin. Die Blätter des Färberwaids wurden in einen Trog gelegt, dann musste Flüssigkeit darauf, bis sie bedeckt waren. Daher tranken die Färber den ganzen Tag Bier – und pinkelten in den Behälter.
Die Erzeugung der Farbe Blau erforderte neben Gärung aber auch Sonneneinstrahlung. Daher sah die Arbeit der Färber so aus: in der Sonne liegen, viel Alkohol trinken, in den Bottich pinkeln und ab und zu umrühren. So kam es zur Umschreibung „blau“ für „betrunken“ sein, die Färber waren aber nicht nur blau, sie machten auch blau.
Und auch der „blaue Montag“ rührt angeblich daher: Gefärbt wurde in der Regel am Sonntag, so dass die Gesellen tags darauf betrunken neben ihren Erzeugnissen lagen und auf das „Farbwunder“ warteten. Davor hatten sie die Stoffe aus den Trögen geholt und im Freien zum Trocknen aufgehängt. Denn erst durch die Oxidation an der Luft verwandelte sich das gelbe Indoxyl – die Farbstoff-Vorstufe bei der natürlichen und synthetischen Herstellung von Indigo – in das gewünschte Blau. Weil die Färber dabei kaum arbeiteten, entstand aus dem technischen Vorgang des Blaumachens die Redewendung für „Nichtstun“.