Bei meinen Recherchen bin ich auf die Behauptung des Farbpsychologen Klausbernd Vollmar in einem SZ-Interview gestoßen, dass Frauen deutlich mehr Farben wahrnehmen können als Männer. Das habe evolutionsbiologische Gründe: „In der Tierwelt sind die Männchen oft viel bunter, um die Weibchen anzuziehen und damit die Fortpflanzungschance zu erhöhen. Deswegen sind Frauen für Farben sensibler. Männer achten mehr auf die Form, Frauen auf die Farbe.“
Tatsächlich sind in vielen Tierarten die Männchen oft auffälliger und farbenprächtiger. Weibchen hingegen sind oft schlichter gefärbt, um sich besser vor Fressfeinden zu tarnen und somit ihre Nachkommen zu schützen. Bei Säugetieren sind männliche Mantelpaviane ein gutes Beispiel dafür: Sie haben ein rotes Hinterteil und eine auffällige Mähne, Weibchen nicht. Oder Pfauen, Stockenten, Paradiesvögel: Die Männchen haben ein beeindruckendes buntes Federkleid, die Weibchen eine unauffällige, braune Farbe. Auch bei Fischen, Reptilien und Insekten gibt es Beispiele für dieses Muster.

Männer in bestimmten afrikanischen Stämmen oder in südpazifischen Kulturen legen großen Wert auf Schmuck und Körperbemalung. Wer jedoch heute ins Neujahrskonzert, zum Opernball oder einfach durch die Innenstädte geht, muss den Eindruck gewinnen, dass zumindest in unseren Breiten Frauen mehr Spielraum zu Auffälligkeit und Buntheit haben. Warum eigentlich? Diese Frage beantwortet ChatGPT so: „In vielen europäischen Gesellschaften … wurden Frauen oft als Repräsentantinnen von Familie, Status und Ästhetik betrachtet, was zu einer größeren Betonung auf Kleidung, Schmuck und Make-up führte.“ Und auch Rollenvorstellungen spielen mit: „Während Männer oft durch ihren beruflichen Erfolg oder sozialen Status beurteilt wurden, wurde von Frauen oft erwartet, durch Aussehen und Weiblichkeit zu überzeugen. Dies hat Schönheitsideale stärker auf Frauen projiziert.“