Adventmail 2024/10 (Farben)

Dass sich Herbert Kickl über einen Wahlsieg der Roten freut, kommt sicher nicht oft vor. Am 6. November war es so weit. Denn da stand der Sieg Donald Trumps bei der tags zuvor abgehaltenen US-Präsidentschaftswahl fest. Die vom Kandidaten der (immer autoritärer, wissenschafts- und migrantenfeindlicher, nationalistischer und Faschismus-unempfindlicher werdenden) Republikaner gewonnenen Bundesstaaten tauchten die USA überwiegend in aggressives Rot, die blauen, von der Demokratin Kamala Harris gewonnenen Staaten waren klar in der Minderheit.
In Europa sind traditionellerweise Sozialdemokraten/Sozialisten/Kommunisten/Linke die Roten. Rot waren schon die Mützen der Jakobiner während der Französischen Revolution, die sich erfolgreich der Herrschaft des Adels entledigten. Davon hat sich später die Arbeiterbewegung inspirieren lassen und rote Fahnen geschwungen. Und so ist das Rot dann auch die Farbe der als SDAP gegründeten Sozialdemokratie in Österreich geworden. Einen etwas dunkleren Rotton wählten die Kommunist:innen als Parteifarbe. Auch in anderen EU-Staaten ist diese Rot-Links-Verbindung üblich.
Anders bei den Christdemokraten. Die ÖVP war jahrzehntelang schwarz. Diese Farbe verweist historisch auf die Gewänder der katholischen Priester; wie die CDU/CSU in Deutschland trat die Volkspartei als christlich ausgerichtete Mitte an. Das blieb auch noch so, als sich die ÖVP als überkonfessionell bzw. allen Religionsgemeinschaften gegenüber offen definierte und sich auch die Kirche aus dem Schulterschluss mit der Christdemokratie während der Zwischenkriegszeit löste. Eine neue Farbgebung führte erst Sebastian Kurz 2017 mit seiner „Neuen Volkspartei“ ein. Aus dem etwas altvaterischen Schwarz wurde Türkis; und nach Bastis unrühmlichem Abgang beschloss die Partei, weiterhin bei der neuen Farbe zu bleiben.[33]
Auch Kurz-er Erfolg weckte im Nachbarland Sehnsüchte: 2023 gab sich die CDU ein neues – türkises – Logo.
Das Blau der FPÖ leitet sich u.a. von der blauen Kornblume ab. Diese galt Anfang des 19. Jahrhunderts als Symbol für Natürlichkeit in der Zeit der Romantik, wurde später dann aber auch verwendet als Erkennungszeichen der illegalen Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1938. Die FPÖ selber sagt, die Kornblume sei ein Symbol für die bürgerliche Freiheitsbewegung von 1848 und Blau sei eine oft verwendete Farbe bei liberalen Parteien in Europa. Und blau ist auch die FPÖ-Schwesterpartei in Deutschland, die AfD.
Dass eine Umweltschutzpartei zu den Grünen wird, liegt nahe. Grün steht für die Natur. Wobei auch islamische und Bauernparteien diese Farbe verwende(te)n. Und bei den NEOS hat man sich u.a. deswegen für Pink bzw. Magenta entschieden, weil das bei der Parteigründung eine der wenigen Farben war, die noch nicht vergeben war.
Aber auch Gelb wird mit Liberalismus assoziiert, etwa die FDP oder das Bündnis „Renew Europe“ im Europäischen Parlament, dem auch die NEOS angehören. In Österreich gibt es auch eine kaum wahrgenommene Partei „WIR – die Gelben“, die u.a. für ein Bedingungsloses Grundeinkommen und gegen das Covid19-Gesetz auftreten.
Braune Parteien wird’s aus gutem Grund wohl nicht so rasch wieder geben. Aber warum eigentlich keine bunten, regenbogenfarbigen? Das hätte doch was…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert